Gedanken zur Liebe und zum Geld

Wenn auch wissenschaftlich arbeitende Physiker zu Philosophen werden, wie z. B. der Nobelpreisträger Werner Heisenberg, dann kann ich es ja als eigentlich rein rationaler Finanzplaner auch einmal als kleiner Hobbyphilosoph probieren.

Immer wieder fallen mir die Parallelen zwischen der Liebe – vor allem in der Paarbeziehung – und den Erwägungen bei der Geldanlage auf. Klar, würde der Esoteriker gleich sagen, beides, Liebe und Geld ist reine Energie.

Aber ich will doch lebenspraktischer bleiben und ein paar Parallelen niederschreiben, die mir aufgefallen sind. Lassen Sie diese einmal auf sich wirken. Ich freue mich auch jederzeit über eine Email mit Ihren Gedanken dazu.

Die meisten von uns Deutschen lieben Sicherheit.

Die Geldanlage soll eine hohe garantierte Verzinsung haben und ein sorgenfreies Leben bis ins hohe Alter ermöglichen. Genauso sieht es in der Liebe aus. Heiraten und dann gefälligst glücklich sein, „bis dass der Tod uns scheidet“. Dieser Sicherheitswunsch in der Geldanlage führt meist zu einer Verzinsung des Kapitals, die hinter der Inflationsrate zurückbleibt. Effektiver Kaufkraftverlust ist die Folge. Noch unschöner sind Erfahrungen von Kunden, die auf vermeintlich sichere Geldanlagen hereingefallen sind, die dann in die Pleite gegangen sind.

In der Liebe sehe ich einen ähnlichen Zusammenhang: Wenn ich meine Partnerin festnagle und klammere aus Angst, sie könnte mir abhanden kommen, dann nehme ich ihr die Luft zum atmen. Die Liebe leidet. Der Zauber verfliegt. Hier Kaufkraftschwund dort Liebesschwund. Fast jede zweite Ehe wird geschieden. Serielle Monogamie ist an der Tagesordnung. Die Ansicht „An mir lag’s ja nicht“ ist weit verbreitet. Probiere ich halt den nächsten aus, vielleicht ist der ja der richtige. Bei der Geldanlage wird einfach das nächste Produkt ausprobiert, das das Blaue vom Himmel herunter verspricht.

Das andere Extrem sind (zu) mutige Geldanleger.

Sie setzen alles auf eine Karte. Riskante unternehmerische Beteiligungen werden eingegangen. Riesen Gewinnchance. Hohes Verlustrisiko. Millionär oder Pleitier. Je nach Verlauf. So kann man es auch in der Liebe halten. Heiße Affären. Das Feuer brennt. Himmelhoch jauchzendes Liebesglück oder krasser Absturz bis in die Depression.

Als Finanzplaner komme ich jetzt natürlich mit Diversifikation daher.

Wir bauen ein solides Fundament aus sicherem Tagesgeldkonto, ein mittelfristiger Anlagetopf mit geringen Schwankungen und einem langfristigen Topf für Altersvorsorge und Vermögensaufbau. Es werden keine riskanten Einzelaktien gekauft, sondern alles breit gestreut. Die Schwankungen im langfristigen Topf lassen sich mit Blick auf den sicheren Puffer im Tagesgeldkonto gut verkraften.

Ist das auch ein Modell für die Liebe?

Also weg von den Garantien, die die Luft abschnüren? Weg vom romantischen Hollywood-Modell mit Heirat und vermeintlichem Liebesrausch bis dass der Tod uns scheidet? Hin zu lockeren Lebenspartnerschaften oder gar Kommunen? Ich denke, auch hier ist Balance Trumpf. Eine schöne Balance aus Sicherheit und Unsicherheit lässt die Liebe lebendig bleiben. Ich freue mich so oft wie möglich über Frau und Familie. Gleichzeitig bin ich mir bewusst, dass mir niemand dieses Glück garantieren kann. Um so dankbarer bin ich für jeden Augenblick. Schwankungen in der Stimmungslage, auch mal ein handfester Streit verlieren ihre Schärfe und verletzen weniger, wenn sie nicht am romantischen Ideal gemessen werden. Wenn nicht immer alles „eitel Sonnenschein“ sein muss. Das Leben ist eben lebendig. Mal rauhe See, mal spiegelglattes Meer.

Lassen wir das Geld voller Vertrauen doch los.

Investieren wir es breit diversifziert zum größten Teil in Anlagen ohne harte Garantie. Dann kann es sich bei allen Schwankungen entwickeln und gedeihen. Vielleicht gelingt es uns, auch in der Liebe immer freier zu denken. Wir besitzen den Partner nicht mehr, sondern wir freuen uns, dass er oder sie einfach jetzt da ist. Wir lassen ihm seine eigenen Lebensträume, Projekte oder Leidenschaften und kommen mit der gelegentlichen Distanz zurecht. Und dann ist da wieder viel Nähe, wenn man einander über die Erfahrungen „da draußen“ erzählt. Wieviel Raum der eine dem anderen geben kann ist individuell sehr unterschiedlich. Der eine hat schon ein Problem damit, wenn die Frau ihren eigenen Beruf ausübt und Karriere macht. Der andere freut sich sogar, wenn sie auch mal mit einem anderen flirtet.

So ist es auch bei der Geldanlage: Der eine kann loslassen, der andere nicht. Das ist alles in Ordnung.

Also ist wohl was dran: Wahre Liebe lässt frei.

Oder auch: Die Liebe ist ein Kind der Freiheit. Schließlich kann ich niemanden zwingen, mich zu lieben. Klar ist aber auch, dass wir alle ein bisschen Sicherheit bei all der Freiheit brauchen – genau wie bei der Geldanlage.

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